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Auszüge: Zeitungsartikel von Sabine Brandes in: Jüdische Allegmeine Nr. 28/24 11. Juli 2024

Protrait Hamza Abu Howidy lebt seit einem Jahr als Asylbewerber in Deutschland. Er erhebt seine Stimme gegen die Hamas – und fordert eine Aussöhnung zwischen Israelis und Palästinensern. (…)

Ein Gedanke, der ihm im Gefängnis etwas Hoffnung schenkte, war der: Die Menschen würden für seine Freilassung auf die Straßen gehen. Die westliche Welt würde lautstark skandieren: „Lasst diese junge Leute frei!“ Drei Wochen lang war Hamza Abu Howidy von der Hamas eingekerkert, wurde verhört und gefoltert, weil er im Gazastreifen an Studentenprotesten für bessere Lebensbedingungen teilgenommen hatte. „We want to live“-„Wir wollen leben“, lautete das Motto. Es war 2019, und niemand rief nach seiner Freilassung. Nicht in Gaza und nirgendwo sonst auf der Welt.

Erst nachdem seine Familie 3000 Dollar Bestechungsgelder aufgebracht hatte, kam Hamza frei. „Als ich draußen war, war ich geschockt“erzählt der 26-Jährige, denn ich war mir sicher, dass überall von unserem Protest berichtet werden würde.“ Für ihn sei dies ein Beweis der Heuchelei des Nachrichtensenders Al Jazeera aus Katar. „Sie berichten immerzu aus Gaza, doch gerade darüber bringen sie nichts.“ Dabei seien die Proteste nicht einmal politisch gewesen, erzählt er: „Wir wollen einfach etwas Lebensqualität.“ (…)

„Wir alle leiden und können nicht länger unter der Terrorherrschaft leben.“ (…)

Nachdem er 2019 aus dem Gefängnis in Gaza freikam, zog er sich zunächst zurück. Das hatte ihm die Hamas aufgetragen, um nicht erneut festgenommen zu werden. Andere, die mit ihm inhaftiert waren, konnten die Tausende von Dollar nicht aufbringen. Was mit ihnen geschah, weiß er nicht.

Studium Hamza Abu Howidy wuchs mit seiner Familie in Rimal, einem Viertel in Gaza-Stadt auf und studierte Wirtschaft und Verwaltungswesen an der Islamischen Universität. Wie war es im Gazastreifen aufzuwachsen? „Ein permanenter Albtraum“ sagt er. Ich liebe Gaza und die Menschen dort, aber wir waren in allen Bereichen des Lebens durch die Hamas eingechränkt, und ich habe viel Kriminalität und Brutalität der Terroristen gesehen. Obwohl ich schon immer eine andere Einstellung hatte und ihre Ideologie nicht akzeptierte, war ich gezwungen, mit ihnen zu leben.“

Nach dem Abschluss seines Studiums versuchteer, Arbeit zu finden. „Doch es gab keinen Job für mich, alle gingen an Mitglieder der Hamas.“ 2023 hatte er genug von der Einschüchterung. Er ging wieder bei einem Studentenprotest auf die Straße, wieder riefen sie nach besseren Lebensbedingungen. „Aber schon nach einer halben Stunde kam die Hamas und nahm uns alle fest, 1400 Leute.“ Erneut wurde Hamza eingekerkert und gefoltert.

Nach einigen Wochen habe es seine Familie noch einmal geschafft, Tausende Dollar aufzubringen – und das bei einem Monatsgehalt von umgerechnet rund 400 €. Schließlich kam Hamza frei, doch ihm war klar, im Gazastreifen könne er sein Leben nicht fortführen. Im August 2023 floh er über die Grenze zu Ägypten, auch hier mithilfe von bestechungsgelder in bar. Von dort weiter in die Türkei und dann auf einem Boot voller Flüchtlinge nach Griechenland. Im Übergangslager seien “ viele mit extremistischen Ansichten gewesen“, erzählt er. Hamza sah sein Leben immer noch bedroht. „Ich musste dringend weg.“

Er floh weiter bis nach Deutschland und beantragte Asyl. Sein Verfahren läuft. Derzeit lebt er in einem Asylbewerberheim in einer mittelgroßen Stadt. Ist er dort in Sicherheit? Der junge Mann zögert mit einer Antwort. Es sei auf jeden Fall „besser als nichts, aber auch schwierig“.

Proteste Im Westen angekommen sei er entsetzt gewesen, dass „propalästinensische“ Proteste, vor allem von Studenten, die Hamas unterstützen und eine globale Intifada fordern. „Sie begannen, am 7. Oktober zu demonstrieren, nachdem Hamas die Gräueltaten an Israelis begangen hatte. Das sollte uns sehr nachdenklcih machen. Besonders in den USA haben sie Hamas glorifiziert – ein Terroregime. Auch wenn sie so tun, als seien sie aufseiten der Palästinenser sind sie es nicht nicht, denn die Hamas tötet und unterdrückt Palästinenser.“ Boch „widerlicher“, sagt Hamza, finde er, dass viele Demonstranten die Proteste nutzten, um ihren Antisemitismus hinter „der palästinensischen Sache“ zu verstecken. „Sie brüllen, dass >Juden zurück nach Polen< gehen sollen.“ Am liebsten würde er ihnen zurufen: „Warum schreit ihr nicht für Frieden?“ Sie sollen lieber Regierungen in der ganzen Welt drängen, damit Israelis und Palästinenser an einem Tisch sitzen, um diesen Konflikt zu beenden.

Absurd findet er, dass sich Teile der LGBTQ+ – Community Protesten beteiligen. Was mit ihnen in Gaza passieren würde, beschreibt er an einem Beispiel: Mahmoud Ishtiwi, ein Hamas-Kommandeur, wurde ermordet, weil man ihn der Homosexualität beschuldigt hatte. Einen anderen Mann stieß man aus diesem Grund von einem Dach in den Tod. Die radikal-islamistische Gruppe sei wie die Taliban: „Für einen Spaziergang mit meiner Freundin könnte ich verhaftet werden, es ist gänzlich verboten. Wenn eine Frau ihre Haare nicht bedeckt, wird sie blästigt. „Die Menschen in Gaza leben praktisch mit dem Islamischen Staat – einem der eine gute PR hat und sich als Widerstandsbewegung verkauft.“

Hamza beschreibt, dass die Parole „From the river to the sea“, eine Unterstützung der Al-Qassam-Brigaden ist , des miltärischen Flügels der Hamas, der für die Vertreibung aller Israelis aus ihrem Land steht. „Diese dummen Träume von der Auslöschung Israels sind abstoßend. Und irrsinnig.“